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Intelligenz - ein Kinderspiel - Im Matsch graben oder Burgen bauen macht klug, meint die amerikanische Psychologin Dr. Toy

Von Simone Leinkauf

Der Tagesspiegel

05.08.2003

Matschepampe ist was Herrliches: Begeistert patscht die eineinhalbj‰hrige Kristin mit beiden H‰nden in den nassen Sand und zerstˆrt mit einem Jubelschrei die Burg, die sie doch gerade erst m¸hsam aufgebaut hatte.

Kein Grund traurig zu sein - im Gegenteil: Es geht gleich wieder von vorne los. Backfˆrmchen, Eimer und Schaufel unterst¸tzen die sommerlichen Aktivit‰ten, der vierj‰hrige Bruder Niklas schleppt ƒste und Bl‰tter aus dem Garten heran, um das n‰chste Bauwerk zu verschˆnen. Und dieses Spiel kann immer wieder von vorne beginnen, den Kindern wird nicht langweilig dabei.

Wir Erwachsenen mˆgen das f¸r Zeitverschwendung halten, schlie?lich scheint diese Spielerei nicht gerade ergebnisorientiert zu sein. Doch f¸r Kinder aller Altersklassen ist Spielen nicht nur ein am¸santer Zeitvertreib, sondern eine ‹bung f¸rs Leben. Nachwuchs-Baumeister wie Kristin und Niklas lernen ganz nebenbei etwas ¸ber Materialbeschaffenheit, Statik und Schwerkraft, Koordination und Feinmotorik bekommen eine Extra-Schulung. Die Gene sind sicherlich ein wichtiger Faktor f¸r den Intelligenzquotienten von Kindern, dar¸ber herrscht Einigkeit unter Wissenschaftlern und Laien. Und dann muss nat¸rlich noch eine entsprechende Fˆrderung hinzu kommen.

Je intensiver, desto besser

L‰ngst sind sich die Experten aber einig, dass auch das Spielen schlau macht. Die amerikanische Psychologin und Spieleberaterin Stevanne Auerbach, die in den USA unter dem Namen Dr. Toy bekannt ist, ist sich sicher: Je mehr und je intensiver Kinder spielen, je hˆher also ihr Spielquotient (SQ) ist, desto besser sind ihre Chancen, einen hohen Intelligenzquotienten (IQ) und eine hohe emotionale Intelligenz (EO) auszubilden.

Mit ihren Beobachtungen steht die ungemein vital auftretende Gro?mutter eines inzwischen achtj‰hrigen Enkels nicht allein da. So fanden Wissenschaftler der amerikanischen University of Illinois heraus, dass sich beim Spielen die Aktivit‰t des Gehirns um ein Viertel erhˆht. An der Baylor University (ebenfalls USA) entdeckte man, dass das Gehirnvolumen von Kindern, die in ihren ersten f¸nf Lebensjahren nicht spielten, um 20 bis 30 Prozent geringer war, als bei normalen Altersgenossen. Dabei spielen Kinder, wenn man sie nur l‰sst, rund 15 000 Stunden in den ersten sechs Jahren ihres Lebens - das sind bis zu neun Stunden am Tag. Und im Spiel ¸ben sie alles das, was sie im t‰glichen Leben so brauchen: "Sie lernen den Umgang mit anderen Kindern, ¸ben Sprechen und Diskutieren und lernen abstraktes Denken", z‰hlt Stevanne Auerbach auf.

Lange Zeit arbeitete sie f¸r das U.S. Office of Education in Washington D.C., wo sie den ersten Kinderhort zur Betreuung von Kindern der Regierungsangestellten erˆffnete. Was sie zun‰chst an ihrer eigenen Tochter und inzwischen an ihrem Enkelsohn beobachtet, konnte sie auch an all den vielen Kindern sehen, mit denen sie im Laufe ihrer Arbeit zu tun hatte: "Spielen fˆrdert Lebenslust und Selbstbewusstsein von Kindern und macht sie zu frˆhlichen und ausgeglichenen Erwachsenen." Sie ist ¸berzeugt davon, dass Kinder im Spiel ihre gesamte Persˆnlichkeitsentwicklung vorantreiben.

Und wenn sie von ihrer eigenen Kindheit und ihren ersten Spielsachen erz‰hlt, bekommt sie noch heute gl‰nzende Augen. Erwachsene l‰sst sie in ihren Seminaren erst einmal die Augen schlie?en, damit sie sich an die Spielsachen erinnern, mit denen sie vor 20, 30 oder gar 40 Jahren gespielt haben. "Und Sie w‰ren erstaunt, wenn Sie sehen w¸rden, wie gestandene M‰nner und Frauen plˆtzlich vor R¸hrung Tr‰nen in den Augen haben."

Warum aber ist es nˆtig, ¸berhaupt auf das Spielen als Besch‰ftigung hinzuweisen? Spielen Kinder nicht einfach von sich aus? Grunds‰tzlich best‰tigt Stevanne Auerbach das, allerdings sieht sie heute eine Gefahr, die es in ihrer eigenen Jugend noch nicht gab. Mit sechs, sieben oder acht Jahren hˆren immer mehr Kinder auf zu spielen, weil sie nur noch durch Vereine oder andere festgelegte Aktivit‰ten gestaltete Nachmittage haben und den Rest ihrer Freizeit vor dem Fernsehger‰t verbringen.

Was ins Spielzimmer gehˆrt

Und sp‰testens da setzt nach Auerbach auch die Verantwortung der Eltern an, die daf¸r sorgen m¸ssen, dass einerseits gen¸gend ansprechendes Spielzeug zur Verf¸gung steht, die Kinder andererseits nicht in Unmengen von Spielsachen ersticken. Dann n‰mlich kˆnnen sie sich nicht mehr entscheiden, womit sie spielen und hˆren gleich ganz auf. Es kann sinnvoll sein, die Kinderzimmer auszur‰umen und nur noch eine begrenzte Menge interessanter Spielsachen dort zur Verf¸gung zu stellen. Je nach Interesse der Kinder kˆnnen diese dann ja im Laufe der Zeit ausgetauscht werden.

Wie das Spielzeug beschaffen sein soll, das Kindern in die H‰nde gegeben wird, ist Auerbach klar: "Es sollte Spielzeug sein, das einen Ausgleich zu den Aktivit‰ten Ihres Kindes darstellt. Eine ausgewogene Sammlung von Spielsachen bietet Mˆglichkeiten zu Bewegung, Kreativit‰t und zum Lernen."

Auf ihrer preisgekrˆnten Website drtoy.com bewertet sie seit Jahren Spielzeug nach den Kriterien Schˆnheit, Nutzen, erzieherischer Wert, Sicherheit und Kosten. Das schˆnste Spielzeug aber ist f¸r sie immer noch selbstgemacht: "Alles, was wir Kindern heute geben, ist fertig. F¸r die meisten d¸rfte es ein unvergessliches Erlebnis sein, Spielzeug einfach mal gemeinsam mit den Kindern herzustellen - eine Puppe oder einen Pl¸schb‰ren, oder auch irgendetwas aus Holz. Dazu muss man nicht besonders begabt sein, sondern nur Lust dazu haben, gemeinsam mit dem Kind etwas zu machen. Und dann werden Sie auch selbst wieder spielen."

Autor: Leinkauf, Simone
L‰nder/Regionen: USA C1USA
Deskriptor: Wissenschaft-Psychologie
Bildunterschrift: NICHTS ALS ZEITVERTREIB?Im Gegenteil.Spielen
macht nicht nur Spa?, sondern die Kinder lernen dabei jede Menge.Foto: ddp

Datenbank TSP
Dokumentennummer: 20030805683910

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